Wenden

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Die Wenden sind ein ostgermanisches Volk, das zwischen Elbe und Weichsel wohnte.


Wenden in der Antike

Das Wort Wenden wird im Zusammenhang mit dem lateinischen und altgriechischen Namen Venetae gebracht, mit dem zur Zeitenwende und in der römischen Kaiserzeit drei verschiedene Völker bezeichnet wurden:

  • Die keltischen Veneter lebten zur Zeit Käsars nördlich der Loiremündung in Gallien.
  • Die Veneter der östlichen Alpen und nördlichen Adria haben kurze schriftliche Zeugnisse zurückgelassen und werden unsicher als italisch oder illyrisch eingeordnet.
  • Die dritten Venetae oder Venedae lebten den Autoren Plinius, Takitus, Ptolemaios und im frühesten Mittelalter Jordanes zufolge im Baltikum und östlich der Weichsel. Nach der differenziertesten Darstellung des Ptolemäus dürften sie Balten gewesen sein. Jordanes zufolge wurden die Veneter an der mittleren Weichsel um 350 von den Ostgoten unterworfen.

Spätere Infos

Geschichtliches über die Wenden ist bereits von zeitgenössischen Chronisten aufgeschrieben worden, insbesondere von Tietmar von Merseburg, Adam von Bremen, Helmold von Bosau und Saxo Grammaticus.

Im 15. Jahrhundert waren die Wenden in die im Rahmen der deutschen Ostsiedlung gebildeten Neustämme, an deren hochmittelalterlichem Landesausbau sie teilnahmen, zwischen Elbe und Oder, Ostsee und Fläming nahezu restlos integriert.

Albert Krantz

Den ersten großen Rückblick auf die insoweit abgeschlossene Geschichte der Wenden gab 1519 der Hamburger Gelehrte Albert Krantz. Der Kurztitel "Wandalia" seiner "Beschreibung Wendischer Geschicht" zeigt, daß er im Rückgriff auf antike römische Schriftsteller die Wenden für die Nachkommen der Wandalen (nicht der Veneter) hielt, also eines ostgermanischen Stammes. Diese Gleichsetzung war bereits im Mittelalter gängig gewesen. Der auch in Lübeck tätig gewesene Staatsmann Krantz begann sein Werk mit den Worten:

"In diesem Strich des Wendischen Lands Seewärts, an den die Wenden (welche die unserigen auch Sclaven heißen) vor Jahren und jetzt die Sachsen bewohnen, haben ehemals schöne herrliche Städte gelegen, deren Macht so groß gewesen, daß sie auch den gewaltigen Königen von Dänemark oftmals zu schaffen gegeben, die nun teils ganz umgekehret, teils aber wie sie außgemergelt zu geringen Flecken und Vorwerken sein gemacht worden.
Gleichwohl sein unter Regierung der Sachsen, an deren statt andere, so Gottlob jetzt in vollem Reichtumb und Macht stehen, erbauet, die sich auch des alten Namens dieser Länder nicht schämen und daher noch heutiges Tages die Wendischen Städte heißen. Um deren willen bin ich desto williger gewesen, diese Wendische Historien zu schreiben. Und will nunmehr hinfort anzeigen, was diese Nation vor undenklichen Jahren für Taten außgerichtet, was für Fürsten darin erzogen und geboren und was noch jetzunder für schöne Städte in dieser gegend an der See vorhanden.“[1]

Im “V. Capitel“ fährt er fort:

"Nach dem die Sachsen diese Wendische Länder unter sich vnnd in die eusserste Dienstbarkeit gebracht, ist dieser Nahme dermassen verächtlich, daß, wenn sie erzürnen, einen der Leibeigen vnd ihnen stets vnter den Füssen ligen muß, anderst nicht denn einen Sclauen schelten. Wenn wir aber vnser Vorfahren Geschichte vnd Thaten vns recht zu gemüht führen vnd erwegen, werden wir vns nicht für ein Laster, sondern für eine Ehre zu ziehen, daß wir von solchen Leuten hergeboren."[2]

Krantz bezieht sich immer wieder auf die bekanntesten Chronisten Adam, Thietmar, Helmold und Saxo, wobei er vor allem das Rühmliche hervorhebt, zum Beispiel die von Adam geschilderte Pracht von Vineta. Das Heidentum der Wenden erwähnt er zwar auch, denn Krantz sind die Wenden ja ursprünglich ein Stamm der Germanen gewesen, die ebenso heidnisch waren. In ihrem Kampf gegen das Reich unterscheiden sich für ihn die Wenden nicht von den Dänen. Krantz behandelt alle slawischen Völker Europas, aber im Mittelpunkt seines Interesses steht das Land der Obodriten, auf dem das "Wendische Quartier“ der Hanse entstand. Auch auf die Mark Brandenburg geht er ein ("Die Mark Brandenburg ist der vornehmsten Teile einer mit von den Wendischen Landen“), zunächst auf den markgräflichen Besitz auf dem Westufer der Elbe:

"Und will ich erachten, daß zu den zeiten der dreyer Ottonum die Sachsen nach außtreibung der Wenden diese Länder albereit innegehabt. Denn auch Keiser Heinrich, Ottonis des grossen Vater, hat die eroberte Stadt Brandenburg zu einer Sächsischen Colonien gemachet vnnd dahin einen Marggraffen verordnet, dessen Nachkömmlinge einen herrlichen Tittel von ihm auff sich gestammet. […] Wie nun die Sachsen wiederumb sich gesterckt [nach dem Slawenaufstand 983], haben sie durch beider Herren Hertzogen Heinrich und Marggraf Albrechten macht den mehrer theil der Wenden erschlagen vnnd die vbrigen vertrieben.“[3]

Beckmann und Gundling

Die märkischen Geschichtsschreiber Johann Christoph Bekmann (1641–1717) und Jacob Paul von Gundling (1673–1731) haben in ihren Geschichtswerken Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg beziehungsweise Leben und Thaten des Herrn Albrechten des Ersten, Markgrafen zur Brandenburg ausdrücklich Bezug genommen auf den "berühmten Skribenten Crantzius“, haben aber dessen Sicht auf die Wenden nichts qualitativ Neues hinzugefügt. Alle drei kannten die für die Entstehung der Mark Brandenburg wichtigste Quelle[4] nur in Bruchstücken ohne Kenntnis der Zusammenhänge und des Autors.

Theodor Fontane

Dies war auch der Kenntnisstand Fontanes, als er 1873 im Band Havelland seiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg das Kapitel schrieb Die Wenden und die Kolonisation der Mark durch die Zisterzienser. Wie auch Bekmann und Gundling übernahm er von Krantz die Stichworte "Ermordung und Vertreibung der Wenden durch die Sachsen" und "Kolonie".

Ohne die Quelle Heinrich von Antwerpen (und die heutigen Forschungsergebnisse) war ihnen nicht oder nicht ausreichend bewusst, daß Albrechts Zeitgenossen Pribslaw-Heinrich von Brandenburg und Jaxa von Köpenick bereits seit Geburt Christen waren, wie nahezu alle wendischen Fürsten dieser Zeit.

Auch war ihnen der bereits zu Beginn seiner Regierungszeit von Pribislaw mit Albrecht dem Bären abgeschlossene Erbvertrag über seine Nachfolge im Hevellerland unbekannt. Die beiden klassischen Topoi der Geschichtsschreibung über die Wenden in der Mark Brandenburg, nämlich "blutiger Kampf" und "Christianisierung“ haben daher nur geringe Bedeutung.

Der Erbvertrag mit Pribslaw und das Christentum von Jaxa werden zwar inzwischen korrekt berichtet, ohne aber das Gesamtbild der Wenden als kampfwütige Heiden ohne Kultur zu korrigieren. Dies ist um so erstaunlicher, als der Hamburger Staatsmann Krantz, der am Anfang der Geschichtsschreibung über die Wenden stand, es sich als Ehre anrechnete, von den Wenden abzustammen.

Literatur

Verweise


Einzelnachweise

  1. Albert Krantz: Wandalia
  2. ebenda
  3. ebenda
  4. Heinrich von Antwerpen, etwa 1150 bis 1230