Bronstein, Lew Dawidowitsch
- Lew Trozkij, Trozki
- * 26. Oktober 1879 in Janowka, Gouvernement Cherson, Russisches Kaiserreich
- † 21. August 1940 in Coyoacán, Mexiko
war ein russischer Revolutionär und kommunistischer Verbrecher.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Lew Bronstein wurde als fünftes Kind jüdischer Kolonisten in der Ukraine geboren. Sein Vater war erfolgreicher Landwirt. Im Jahre 1897 war Bronstein maßgeblich an der Gründung des sozialdemokratischen Südrussischen Arbeiterbundes beteiligt. 1898 nahm die Polizei Bronstein fest und ließ ihn in den Gefängnissen von Nikolajew, Cherson und Odessa einsitzen. 1899 wurde er zur Verbannung nach Sibirien verurteilt, wo er sich mit linken „Theorien“ beschäftigen durfte. Die milde Strafe und der sanfte Strafvollzug erstaunen. Im Jahre 1900 durfte Bronstein sogar Alexandra Sokolowskaja heiraten, die ihn wenig später in die Verbannung nach Irkutsk begleitete. Im folgenden Jahr wurde ihre erste Tochter, Sinaida, geboren und 1902 die zweite Tochter Nina (!!!).
Im Jahre 1902 verließ er wegen seiner revolutionären Arbeit seine Frau und die beiden kleinen Töchter und floh aus der Verbannung. Um die Flucht zu bewerkstelligen, legte er sich einen gefälschten Pass auf den Namen Trotzkij zu. 1902 kam Leo Trotzkij, der Einladung von Wladimir Iljitsch Lenin folgend, nach London und wohnte mit ihm zusammen. Bald trat er der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands bei.
Theorie der permanenten Revolution
Die Theorie der „permanenten Revolution“ hat Trotzkij unoriginell von einem gewisssen Parvus/Helphand übernommen. 1903 schloß er sich den Menschewiki an und machte sich bei den Bolschewisten unbeliebt. Später wohnt er in München und in Paris.
Nach der Revolution von 1905 wurde Trotzkij in unverzeihlicher Milde zu lebenslanger Haft verurteilt. Typisch für das leichtfertige Zarenregime war, daß Trotzkij fliehen konnte und sich wiederum ins westliche Ausland absetzte. 1916 wurde er in die USA deportiert. Dort überzeugte er die US-amerikanische Plutokratie davon, die russische Revolution zu unterstützen und sicherte so den Sieg der Revolutionäre in Revolution und Bürgerkrieg. Nach der Februarrevolution 1917 begab er sich umgehend nach Rußland. Dort setzte er seine menschewistische Tätigkeit fort. Trotzdem soll er die kriminlle Oktoberrevolution unterstützt haben.
Brest-Litowsk
Nach dem Sieg der Bolschewisten wurde Trotzkij zum Außenminister ernannt. Gemeinsam mit Lenin sah er seine Hauptaufgabe darin, darin, Frieden mit den Mittelmächten zu schließen. Er leitete einen Waffenstillstands zwischen Sowjetrußland und den Mittelmächten ein und führte die Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk.
Diese verzögerte allerdings dann in perfider Weise. Deshalb befahl Ludendorff, der deutsche Verhandlungsführer, die Wiederaufnahme der Kampfhandlungen bis zur kompletten Besetzung der Ukraine. Aufgrund der militärischen Überlegenheit der Mittelmächte mußte Sowjetrußland am 3. März 1918 den Friedensvertrag von Brest-Litowsk schließen, der den Verlust der Ukraine und weiterer Gebiete für Sowjetrußland zur Folge hatte.
Nach dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk setzte sich Trotzkij für den Sieg der Bolschewisten im Russischen Bürgerkrieg ein, bei dem sich die sowjetischen „Roten“ und die zaristisch-bürgerlichen „Weißen“ gegenüberstanden. Trotzkij wurde am 14. März 1918 zum Kriegsminister ernannt und begann mit dem Aufbau der Roten Arbeiter- und Bauernarmee, kurz Rote Armee.
Bürgerkrieg
Trotzkij trug mit seinem energischen und gnadenlosen Vorgehen entscheidend zum militärischen Sieg der Bolschewiki bei. Er organisierte die Umwandlung der bisher zerstreuten, desorganisierten Roten Garden in ein straff geführtes Territorialheer; unter anderem ließ er militärische Ränge, Abzeichen und die Todesstrafe in der Armee einführen.
Seit 1918 leitete Trotzkij von seinem Panzerzuges direkt den Kampf der Roten Armee. Im August 1918 befahl er, daß bei einem unnötigen Rückzug einer Einheit zuerst der Kommissar und dann der militärische Befehlshaber sofort hinzurichten seien.
Trotzkij förderte den Eintritt von Offizieren der alten Armee in die Rote Armee. Bis Kriegsende dienten rund 75.000 von ihnen im roten Offizierskorps. Trotzkij befahl, zu ihrer Kontrolle ihre Familien in Sippenhaft zu nehmen, sofern die Offiziere zu den Weißen überlaufen sollten. Die offiziell als „Militärspezialisten“ bezeichneten Offiziere wurden zusätzlich der Kontrolle durch rote Politkommissare, unterworfen.
Kronstädter Aufstand
Der Aufstand der Kronstädter Matrosen 1921 – sie forderten sofortige gleiche und geheime Neuwahlen der Sowjets, Rede- und Pressefreiheit für alle anarchistischen und linkssozialistischen Parteien, Versammlungsfreiheit, freie Gewerkschaften und eine gerechtere Verteilung von Brot – wurde von der Roten Armee unter Trotzkijs Führung „mit erbarmungsloser Härte und Massenerschießungen“ unterdrückt.
Trotzkij verteidigte auch energisch die Pressezensur. Auch für die blutige Niederschlagung von Bauernaufständen mit Tausenden Toten, z. B. im Gebiet der heutigen Ukraine, die sich vor allem gegen die Kornkonfiskationen richteten, wurde Trotzkij als oberster Heeresführer verantwortlich gemacht. In den 1930er Jahren kritisierten die Kommunisten Max Eastman, Boris Souvarine, Ante Ciliga und Victor Serge Trotzkijs Rolle bei der brutalen Niederschlagung, die sie als Beginn des Stalinismus und als Vorläufer des Großen Terrors ihrer Gegenwart ansahen. Trotzkij rechtfertigte sein Vorgehen:
- „Ich weiß nicht, ob es unschuldige Opfer in Kronstadt gab. Ich bin bereit, zuzugeben, daß ein Bürgerkrieg keine Schule für menschliches Verhalten ist. Idealisten und Pazifisten haben der Revolution immer Exzesse vorgeworfen. Die Schwierigkeit der Sache liegt darin, daß die Ausschreitungen der eigentlichen Natur der Revolution entspringen, die selbst ein Exzeß der Geschichte ist. Mögen jene, die dazu Lust haben (in ihren armseligen journalistischen Artikeln), die Revolution aus diesem Grund verwerfen. Ich verwerfe sie nicht.“[1]
Machtkampf mit Stalin
Etwa 1922 entwickelte sich ein Mchtkampf Trotzkijs mit Stalin. Stalin gelang es zunächst, gemeinsam mit Sinowjew und Kamenew, Trotzkij von der Macht zu verdrängen. So verlor Trotzkij immer mehr an Einfluß innerhalb der Partei. Damals prophezeite er in einem Buch irrsinniger Weise, daß der gesellschaftliche Aufbau der Sowjetunion die physisch-psychische Selbsterziehung des Einzelnen und vor allem die Künste einen „neuen Menschen“ schaffen würden:
- „Der Mensch wird unvergleichlich viel stärker, klüger und feiner; sein Körper wird harmonischer, seine Bewegungen werden rhythmischer und seine Stimme wird musikalischer werden. … Der durchschnittliche Menschentyp wird sich bis zum Niveau von Aristoteles, Goethe und Marx erheben. Und über dieser Gebirgskette werden neue Gipfel aufragen.“[2]
Stalin festigte mit seinen von Amts wegen gegebenen Möglichkeiten bürokratischer und militärischer Art die Diktatur in der Sowjetunion. Trotzkij hingegen vertrat das Erbe des Marxismus in anderer Interpretation und berief sich auf den Imperativ der „Weltrevolution“ und der „Arbeiterdemokratie“. Sein Ziel war es, der internationalen Arbeiterschaft komplett zum revolutionären Sieg zu verhelfen. Diesen Vorgang nannte er „permanente Revolution“. Deren Theorie legte in dem Buch „Ergebnisse und Perspektiven“ dar. Stalin brandmarkte Trotzkijs irrwitzige „Theorien“ wiederum als „menschewistische Abweichung“.
1925 verlor Trotzkij sein Amt als Kriegsminister und wurde sukzessiv komplett degradiert. 1926 wurde er aus dem Politbüro und 1927 auch aus der KPdSU ausgeschlossen. Auf dem XV. Parteitag der KPdSU (B) im Dezember 1927 hatten die Trotzkisten keinen stimmberechtigten Delegierten mehr. Trotzkij wurde mit anderen Oppositionellen am 17. Januar 1928 nach Alma-Ata verbannt. Von dort wurde er ein Jahr später in die Türkei ausgewiesen.
Exil
Die Türkei gewährte Trotzkij 1929 politisches Asyl. Er verbrachte die Jahre zwischen 1929 und 1933 auf der Insel Büyükada, nahe bei Istanbul und bei Nikäa. Trotzkij war gezwungen zu schreiben, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. U. a. verfaßte er eine Autobiographie. Der Erfolg des Werkes ermunterte Trotzkij, eine „Geschichte der Russischen Revolution“ zu verfassen, die 1932 erschien. Trotzkij schrieb Pamphlete gegen Stalin, die unter anderem exklusiv in der New York Times veröffentlicht wurden.
Nachdem Trotzkij die sowjetische Staatsbürgerschaft aberkannt worden war, konnte er nicht mehr in der Türkei bleiben. Nun gewährten ihm Frankreich und Norwegen Asyl. Anschließend reiste er geheim nach Mexiko aus. Dort machte er sich allerdings mit extremistischer Betätigung unbeliebt. In Mexiko verfaßte er dann auch sein bekanntestes Buch Die verratene Revolution.
Ermordung
Trotzkij wurde permanent durch von Salin befohlene Mordkomplotte bedroht und angegriffen. Sein Haus mußte zu einer Burg ausgebaut werden. Schließlich wurde er vopn einem Sowjetagenten ermordet. Arnold Zweig kommentierte, Trotzkij sei der Mann, „der das kostbarste und bestorganisierte Gehirn unter seiner Schädeldecke trug, das jemals mit einem Hammer eingeschlagen wurde“. Noch 1940 wurde dem Mörder von Stalin der Leninorden verliehen. Nach Verbüßung der 20-jährigen Freiheitsstrafe wurde Mercarder am 31. Mai 1960 der Titel eines Helden der Sowjetunion verliehen und er wurde nach Moskau eingeladen. Dort überreichte man ihm im Jahre 1961 den Stern eines Helden der Sowjetunion samt dazugehörigen Leninorden.
Verweise
Einzelnachweise
- ↑ Isaac Deutscher: Trotzkij. Der bewaffnete Prophet, Bd. 3. Stuttgart 1972
- ↑ Leo Trotzkij: Literatur und Revolution. Essen 1994, S. 252