Lehninsche Weissagung

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Geschichte

Die Lehninsche Weissagung ist eine Prophezeiung, die in der ersten Hälfte des 18. Jh. bekannt wurde. Angeblich stammt sie aus dem 14. Jh., d.h. aus der Zeit als noch die Askanier, das Geschlecht der brandenburgischen "Ottonen" die Mark Brandenburg regierte. Ihr Landes- und Hauskloster war das westlich Potsdams gelegene Zisterzienserkloster Lehnin, aus dem die Prophezeiung stammt. Die Zuordnung zu historischen Ereignissen im Geschichtsverlauf geht [z.T.] aus den Fußnoten hervor.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts tauchte an verschiedenen Orten in der Mark Brandenburg eine gedruckte Weissagung auf, deren handschriftliches Original angeblich im Jahr 1683 im Beisein des Großen Kurfürsten im Kloster gefunden worden war. Der Klosterbruder Hermann, der den Text 1306 in seiner Zelle geschrieben haben soll, prophezeit darin in lateinischen Versen den Untergang der Hohenzollern-Dynastie und das Wiedererstehen von Kloster Lehnin.

Verfasser

  • Man vermutet, daß das Vaticinium Lehninense das Produkt eines Berliner Propstes ist, der als Lutheraner katholisch gesinnt, an dem kalvinistischen Bekenntnis der herrschenden Dynastie Anstoß nahm.
  • Andreas Fromm

Wortlaut

Nr. Lat. Text Dt. Übersetzung[1]
1. Nunc tibi cum cura, Lehnin, cano fata futura, Nun sing ich dir, o Lehnin, mit Sorgfalt zukünftige Geschicke,
2. Quae mihi monstravit Dominus, qui cuncta creavit. die mir der Herr, der alles geschaffen hat, gezeigt hat.
3. Nam licet insigni sicut sol splendeas igni Magst du, Lehnin, jetzt im hellen Lichte glänzen wie die Sonne,
4. et vitam totam nunc degas summe devotam und gegenwärtig ein durchwegs höchst erbauliches Leben führen,
5. abundentque rite tranquillae commoda vitae auch in Fülle die Vorteile eines ruhigen Lebens genießen,
6. tempus erit tandem, quod te non cernet eandem, so wird doch eine Zeit kommen, wo man dich in einem anderen Zustand sehen wird.
7. Immo vix ullam, si bene dixero, nullam. wo du kaum sein, ja – aufrichtig gesagt – ganz vergehen wirst.
8. quae te fundavit, gens haec te semper amavit. Das Geschlecht, das dich einst gegründet hat, hat dich stets geliebt.[2]
9. hac pereunte peris, nec mater amabilis eris. Gleich diesem gehst auch du unter und wirst nicht mehr die geliebte Mutter sein.[3]
10. Et nunc, absque mora, propinquat flebilis hora, und es naht schon ohne Verzug die betrübende Stunde,
11. Qua stirps Ottonis, nostrae decus regionis, wo der Stamm der Ottonen,[4] die Zierde unserer Gegend,
12. magno ruit fato, nullo superstite nato. durch ein Verhängnis untergeht, da kein Nachkomme vorhanden ist.
13. Tuncque cades primum, sed nondum venis ad imum. Das ist der erste Schlag, aber noch nicht der ärgste.
14. Interea diris angetur marchia miris. Indes wird die Mark schlimme Drangsale erleiden.
15. Et domus Ottonum fiet spelunca leonum und das Land der Ottonen wird eine Löwenhöhle[5] werden,
16. Ac erit exelusus vere de sanguine fusus. und der vom rechten Blute stammende wird verstoßen sein.[6]
17. Quando peregrini venient ad claustra Chorini. Wenn dereinst zum Kloster Chorin fremde Fürsten kommen,
18. Cerbereos fastus mox tollet Caesarius astus. wird der listige Kaiser bald den höllischen Stolz (der streitenden Brüder)[7] beseitigen,
19. Sed parum tuto gaudebit Marchia scuto. doch wird sich die Mark gar wenig eines sicheren Schutzes erfreuen,
20. Regalis leo rursum tendit ad altera cursum. denn der königliche Löwe wird wieder zu anderen Geschäften fort eilen
21. Nec dominos veros haec terra videbit et heros. und dieses Land wird nicht seine wahren Herren und Gebieter erblicken.
22. Omnia turbabunt rectores, damnaque dabunt. Die Statthalter werden viel Verwirrung und Schaden anrichten,
23. Nobilitas dives vexabit undique cives. der reiche Adel wird an allen Orten die Bürger plagen,
24. Raptabit clerum nullo discrimine rerum. und überfallen ohne Unterschied, auch den Klerus.
25. Et facient isti quod factum est tempore Christi. Er wird mit den Leuten so verfahren, wie dereinst mit dem Heiland verfahren wurde.
26. Corpora multorum vendentur contra decorum. Auch wird er ohne Scheu viele Menschen verkaufen.
27. Ne penitus desit tibi, qui, mea Marchia, praesit, Damit meiner Mark nicht gänzlich ein Vorstand fehle,
28. Ex humili surgis, binis nunc inclite burgis. steigst du, durch zwei Burgen Berühmter, aus Niedrigkeit empor[8]
29. Accendis facem jactando nomine pacem. und entzündest die Fackel des Krieges, obzwar dein Name Frieden verheißt.[9]
30. Dum lupus necas, ovibus praecordia secas. Indem du die Wölfe tötest, verursachst du Schmerzen deinen Schafen.
31. Dico tibi verum, tua strips longaeva dierum. Fürwahr, dein Stamm wird ein hohes Alter erreichen.
32. Imperiis parvis patriis dominabitur arvis. Mit milder Gewalt wird er (Friedrich) die heimatlichen Gauen beherrschen,
33. Donec prostrati fuerint, qui tunc honorati, bis niedergeworfen jene, die damals zwar hoch geehrt waren,
34. Urbes vastabant, dominos regnare vetabant. doch die Städte verwüsteten und die Fürsten am Regieren hinderten.
35. Succedens patri tollit privilegia fratri. Der jetzt dem Vater nachfolgt, nimmt dem Bruder sein Vorrecht,
36. Nec faciet testum, non justum credere justum. doch kein Edikt kann bewirken, daß man eine Ungerechtigkeit für Recht ansieht,
37. Defesso bellis variis, sortisque procellis. Ihm, der durch verschiedene Kriege und Schicksalsschläge ermattet ist,
38. Mox frater fortis succedit tempore mortis. folgt sein tapferer Bruder zur Zeit des Sterbens.
39. Fortis est ille quidem, sed vir vanissimus idem. Tapfer ist er wohl, aber auch ein sehr eitler Mann.[10]
40. Dum cogigat montem, potest vix scandere pontem. Während er sich an den Berg heran machen will, kann er kaum die Brücke übersteigen.
41. En, acuit enses! Miseri vos, o Lehnienses! Schaut, arme Lehniner, wie er die Schwerter schärft!
42. Quid curet fratres, qui vult excindere patres? Was wird der sich um seine Mitbrüder (um den Nächsten) kümmern, der die Väter[11] vernichten will?
43. Alter ab hoc martem scit ludificare per artem. Der andere nach ihm versteht es, des Krieges zu spotten durch Pflege der Künste.
44. Auspicium natis hic praebet felicitatis. Seinen Söhnen gibt er ein Wahrzeichen glücklicher Zukunft.
45. Quod dum servatur, ingens fortuna paratur. Dieses beachtend gelangen sie zu hohem Glück
46. Hujus erunt nati conformi sorte beati. und sind vom Schicksal in gleicher Weise begünstigt.
47. Inferet at tristem patriae tunc foemina pestem. Doch gar trauriges Unheil bringt jetzt dem Lande ein Weib.[12]
48. Foemina serpentis tabe contacta recentis. Sie, von dem Gifte berührt der frisch erwachsenen Schlange
49. Hoc et ad undenum durabit stemma venenum. Und wird dauern dieses Gift noch bis in den Stammbaum aus elf Gliedern.
50. Et nunc is prodit, qui te, Lehnin nimis odit. Nun tritt der auf, der dich, oh Lehnin, ungemein haßt.
51. Dividit ut culter, atheus, scortator, adulter. Wie ein Messer zerschneidet er, der Gottlose, der Hurer und Ehebrecher,
52. Ecclesiam vastat, bona religiosa subhasta. Er verwüstet die Kirche, versteigert die Klostergüter,
53. Ite, meus populus! protector est tibit nullus. Geh, mein Volk! Du hast nun keinen Schützer mehr.
54. Hora donec veniet, qua restitutio fiet. Bis die Stunde kommt, wo die Wiederherstellung stattfindet.
55. Filius amentis probat instituta parentis. Der Sohn billigt die Einrichtungen seines tollen Vaters.
56. Insipiens totus, tamen audit vulgo devotus. Obgleich er ganz töricht ist, heißt er doch beim Volk der Fromme.
57. Nec sat severus, hinc dicitur optimus herus. Und da er nicht streng genug ist, heißt er der beste Landesherr.
58. Huic datur ex genere, quinos qualis ipse, videre. Ihm ist es beschieden, aus seinem Stamme fünf Geschlechter zu sehen, wie er selber.
59. Et anno funesto vitam loco linquit honesto. Er stirbt im Totenjahr[13] an einem vornehmen Ort.[14]
60. Postulat hinc turbae praeponi natus in urbe. Von nun an verlangt die Herrschaft übers Volk der Sohn der Hauptstadt.
61. Spe caeteri sobolem, fovet hic formidine prolem. Während andere Leute ihr Kind mit Hoffnung groß ziehen, er dagegen mit Furcht,
62. Quod timet obscurum, certe tamen, ecce futurum. und was er dunkel fürchtet, das wird sicher geschehen.
63. Forma rerum nova mox fit, patiente Jehova. Durch Fügung des Schicksals tritt bald eine Änderung ein.[15]
64. Mille scatet naevis, cujus duratio brevis. Er hat tausenderlei Fehler und wird nicht lange leben.
65. Multa per edictum, sed turbans plura per ictum. Vieles verdirbt er durch seine Erlässe, mehr noch durch seinen Schlag.
66. Quae tamen in pejus mutantur jussibus ejus, Doch was durch seine Befehle schlimmer wurde,
67. In melius fato converti posse putato. kann sich durch günstiges Schicksal noch zum Guten wenden.
68. Post patrem natus princeps erit marchionatus. Nach seinem Vater wird der Sohn als Markgraf herrschen,
69. Ingenio nullos non vivere sinit inultos. Dieser läßt seinen Anlagen gemäß gar manchen unbestraft schalten und walten.
70. Dum nimium credit, miserum pecus lupus edit. Da er leichtgläubig ist, verschlingt ihm der Wolf die unglückliche Herde.
71. Et sequitur servus domini mox fata protervus. Dem Schicksal seines Herrn bald nach folgt der unverschämte Diener.
72. Tunc veniunt, quibus de burgis nomina tribus. Jetzt kommen, die von drei Burgen führen den Namen
73. Et crescit latus sub magno principe status. und unter einem großen Fürsten wächst der Staat in die Breite.
74. Securitas gentis est fortitudo regentis. Die Kraft des Regenten ist Sicherheit seines Volkes.
75. Sed nil juvabit, prudentia quando cubabit. Doch wird sie nichts nützen, wenn die Klugheit zur Ruhe geht.[16]
76. Qui successor erit, patris haud vestigia terit. Sein Nachfolger tritt nicht in die Fußstapfen seines Vaters.[17]
77. Orate fratres, lacrimis nec parcite matres. Betet, ihr Brüder und sparet nicht die Tränen, ihr Mütter.
78. Fallit in hoc nomen laeti regiminis omen Täuschend hat sein Name die Vorbedeutung einer erfreulichen Regierung
79. Nil superest boni. Veteres migrate coloni! Es ist nichts Gutes mehr! Wandert lieber aus, ihr alten Bewohner!
80. Et jacet exstinctus, foris quassatus et intus. Endlich stirbt er, innerlich und äußerlich zerrüttet.
81. Mox juvenis fremit, dum magna puerpera gemit. Bald tobt ein junger Mann, während die große Gebärerin seufzt.[18]
82. Sed quis turbatum poterit refingere statum? Doch wer wird den erregten Staat zur Ruhe bringen?
83. Vexilum tanget, sed fata crudelia planget. Er wird die Kriegsfahne ergreifen, aber hartes Mißgeschick zu beklagen haben.
84. Flantibus hinc austris, vitam vult credere claustris. Während es von Süden her weht, vertraut er sein Leben den Klöstern.[19]
85. Qui sequitur, pravos imitatur pessimus avos. Sein Nachfolger[20] ist der Schlimmste, der schlechte Ahnen nachahmt.
86. Non robur menti, non adsunt numina genti. Seinem Geiste fehlt Tatkraft und dem Volke Gottesglaube.
87. Cuius opem petit, contrarius hic sibi stetit. Dessen Hilfe er begehrt, der tritt ihm feindlich gegenüber.
88. Et perit in undis, dum miscet summa profundis. Er geht im Wasser zu Grunde, indem er das Obere mit dem Unteren vermischt.
89. Natus florebit; quod non sperasset, habebit. Sein Sohn wird blühen und erlangen, was er nie gehofft hätte,[21]
90. Sed populus tristis flebit temporibus istis. doch das Volk wird trauern und weinen zu jener Zeit.[22]
91. Nam sortis mirae videntur fata venire. Nun scheinen wunderbare Ereignisse zu kommen.[23]
92. Et princeps nescit, quod nova pontentia crescit. Und der Fürst merkt nicht, daß eine neue Macht heranwächst.[24]
93. Tandem sceptra gerit, qui stemmatis ultimus erit. Endlich führt die Szepter der letzte in der Ahnentafel.[25]
94. Israel infandum scelus audet morte piandum. Israel untersteht sich ein abscheuliches Verbrechen, das es mit dem Tode sühnen wird.[26]
95. Et pastor gregem recipit, Germania regem. Und der Hirt erhält die Herde wieder und Deutschland den König.[27]
96. Marchia cunctorum penitus oblita malorum. Die Mark, ihre alten Leiden völlig vergessend,
97. Ipsa suos audet fovere, nec advena gaudet. wagt die Ihrigen selbst zu pflegen, nicht freut sich der Fremdling,
98. Priscaque Lehnini surgunt et tecta Chorini. die alten Gebäude von Lehnin und Chorin erstehen wieder
99. Et veteri more clerus splendescit honore. und nach der alten Sitte glänzt in Ehren die Geistlichkeit;
100. Nec lupus nobili plus insidiatur ovili. und nicht mehr stellt der Wolf der edlen Herde nach.

Verweise


Einzelnachweise

  1. nach Prof. Franz Spirago
  2. Das Haus der brandenburger Askanier.
  3. Lehnin wird als Mutterhaus des Ordens in der Mark untergehen.
  4. Ebenfalls das Haus der brandenburger Askanier.
  5. Wohl eine Anspielung auf den wittelsbacher Löwen.
  6. Eine Anspielung auf den "falschen Woldemar"
  7. Die drei in Brandenburg wirkenden Wittelsbacher Brüder Ludwig I., Ludwig II. und Otto, sowie Kaiser Karl IV.
  8. Mit den "zwei Burgen" könnte Nürnberg und Brandenburg gemeint sein.
  9. Kurfürst Friedrich II. führte zahlreiche Kriege, so mit Pommern und mit Polen.
  10. von hier bis 42 ist Albrecht Achilles gemeint.
  11. Die "Patres", die Mönche und sogar den Heiligen Vater!
  12. Ist hier die Gattin von Joachim I. gemeint, die lutherisch wurde?
  13. 1598, Todesjahr Joachims, war ein Pestjahr.
  14. Das von Caspar Theyß neuerbaute Berliner Schloß, finanziert durch die Erlöse aus den Klosterenteignungen.
  15. Gemeint ist Johann Sigismunds schändlicher Übertritt zum Kalvinismus.
  16. Bezieht sich auf den Tod von Kf. Friedrich III. (???)
  17. Bezieht sich auf den "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm.
  18. Der alte Fritz und Maria Teresia. Spätestens ab hier ist die Prophezeiung authentisch, denn sie wurde bei Reierungsantritt Friedrichs erstmalig publiziert.
  19. Angeblich eine Anspielung darauf, daß Friedrich bei seinen Kriegszügen oft Quartier in (ehemaligen) Klöstern nahm.
  20. König Friedrich Wilhelm II.
  21. König Friedrich Wilhelm III. und seine Erwerbungen 1815
  22. Erhebliche Verluste durch die napoleonischen Kriege
  23. Gründung des Reiches 1871, leider nur scheinbar wunderbar.
  24. Damit ist wohl der gesamte Komplex Freimaurer/Demokraten gemeint.
  25. Wilhelm II.
  26. Hiermit vermutlich Oktoberrevolution etc. gemeint.
  27. Diese ab hier folgenden herrlichen Verheißungen stehen leider noch aus.