Kirchliche Lehre vom Krieg

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  • Ein Aufsatz von Sérgio Solime


Die Kirche lehrt, daß Krieg gerechtfertigt ist, wenn er die Ordnung wiederherstellt.


Der hl. Augustinus (354 - 430)

Der Heilige Augustinus legte den Grund der christlichen Lehre vom Krieg. Er schrieb folgendes:

„Nach dem Lukasevangelium predigte St. Johann die Taufe der Buße und lud alle ein, umzukehren und ihr Leben zu ändern. Menschen aller Schichten kamen zu ihm und fragten ihn, wie die Umkehr aussehen soll. Der Vorgänger Christi antwortete jedem nach seinen persönlichen Lebensumständen. Da fragten ihn auch die Kriegsleute und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemand Gewalt noch Unrecht und laßt euch genügen an eurem Solde.“[1]

Augustinus kommentiert:

„Würde das Evangelium den Krieg als solchen verurteilen, hätte Johannes den Kriegsleuten geraten, ihre Waffen abzulegen und den Kriegsdienst aufzugeben. Ihnen wird jedoch geraten, niemanden Gewalt anzutun und mit dem Sold zufrieden zu sein. Rät er Ihnen aber dazu, mit ihrem Sold zufrieden zu sein, dann gestattet er ihnen, den Sold anzunehmen.“ [2]

Es ist also legitim, Soldat zu sein. Ist es aber legitim, Soldat zu sein, so ist auch die Tätigkeit des Soldaten, die Kriegführung, legitim. Der Heilige Augustinus führt sodann Matthäus 5,39 an: „Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern, so dir jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete den andern auch dar.“

Hier wird anscheinend die Gewaltanwendung verboten und der Krieg somit verworfen. Augustinus führt aus, wie sich die falsche Interpretation dieses Heilandswortes auswirken kann und daß man auch dann demütig bleiben kann, wenn man strafen muß. So verurteilte Moses jüdische Götzenanbeter zum Tode, nicht aus persönlichem Haß, sondern um sie aus reiner Liebe vor der Macht der Sünde zu bewahren. In diesem Sinne lehrt der hl. Augustinus, daß die aus dem Kriegswesen erwachsenden Übel verboten sind, jedoch nicht das Kriegswesen selbst: „Non prohibet militia, sed malitia.“

Nach dem heiligen Bischof von Hippo muß also der Krieg den Frieden anstreben oder herbeiführen. In diesem Sinne ist er ein Instrument des Friedens. Unter Frieden versteht Augustinus die ruhende Ordnung, die wesensgerechte Disposition der Dinge gemäß ihrem Zweck. Der hl. Augustinus definiert den gerechten Krieg als Mittel, die verletzte Gerechtigkeit wiederherzustellen und den Frieden zu gewinnen. Man darf also Krieg führen, z.B. wenn er gegen einen Staat gerichtet ist, der die gerechte Ordnung verletzt.

Nichtdestotrotz appelliert das Augustinische Rechtskonzept nicht nur an das Naturrecht, dem Menschen und Dinge unterliegen, sondern vor allem an die Souveränität und Herrschaft Gottes. Gerechter Kriegsgrund kann also nicht nur die Verletzung des natürlichen Rechts sein, sondern ebenfalls die Verletzung des rechten Gottesdienstes. Dies zeigen viele Episoden des Alten Testaments, wo Gott persönlich den Krieg zur Wiederherstellung des richtigen Kultus anordnet. Der Krieg ist auch gerecht, wenn er sich gegen ein Land richtet, das sich weigert, Rechtsbrecher zu bestrafen.

Gemäß dem hl. Augustinus darf also Krieg geführt werden, wenn gerechte Güter wiederhergestellt und wenn verletztes Recht und verletzte Ordnung instand gesetzt werden muß.

Der hl. Bernhard (1090-1153)

Der hl. Bernhard, der große Minnesänger der Gottesmutter, der demütige und fromme Doktor der Kirche, war auch ein großer Beter und Prediger des Kreuzzuges und sogar der kirchenoffizielle Prediger des Zweiten Kreuzzuges. In seinem berühmten an die Tempelritter gerichteten Werk „De laude novae militae“ (Lob des neuen Rittertums) greift er die Argumente des hl. Augustinus bzgl. der Antwort Johannis des Täufers an die Kriegsleute auf und schrieb:

“Wäre es den Christen grundsätzlich verboten, mit dem Schwerte zu kämpfen, warum hätte dann der Vorbote des Heilandes den Kriegsleuten gebieten sollen, mit ihrem Sold zufrieden zu sein, statt ihnen zu verbieten, dem Kriegsruf zu folgen? Ich meine damit nicht, daß man die Heiden töten soll, solange es andere Wege gibt, sie davon abzuhalten, die Gläubigen zu quälen und zu verfolgen. Doch ist es besser, sie zu vernichten, als daß die Rotte der Sünder über die Gläubigen herrsche und daß die Gerechten in die Hand der Bösen gegeben werden.“ [3]

Der hl. Tomas von Aquin (1225-1274)

Der große Kirchenlehrer Tomas von Aquin erweiterte und vervollständigte die Lehre vom gerechten Krieg in mancherlei Weise. Er griff den hl. Augustinus und seine Argumentation bzgl. der Rechtfertigung des Kriegswesens und somit des Krieges auf und erweiterte diese Lehre.

Der hl. Tomas führte das Konzept vom „Gemeinwohl“ als Grundlage für ein Urteil über die Erlaubtheit von Krieg ein. Militärische Aktivitäten müssen die Verteidigung des Gemeinwohls, der Armen und der Unterdrückten und der Kirche zum Ziele haben. Soldaten seien in diesem Sinne Instrumente einer legitimen Autorität, die befugt ist Vorsorge zu treffen und die Übeltaten der Kriminellen zu strafen, auch mit dem Tode. Tomas zitierte die Predigten von Gregor dem Großen und rechtfertigt die Todesstrafe als Mittel, die vergewaltigte Gerechtigkeit zu rächen, dem Übel Furcht einzuflößen und auf diese Weise sowohl den Frieden der Gesellschaft und der Kirche wiederherzustellen und zu sichern. Derlei ist tugendhaft, wenn es von Liebe und Gerechtigkeitssinn angetrieben ist.

Damit der Soldat in rechter Weise Krieg führen kann, benötigt er göttlichen Beistand, durch welchen ihm die notwendigen Tugenden vermittelt werden. Die erste dieser Tugenden ist die Stärke, die dem Soldaten vom Himmel her Mut und Beharrlichkeit im Kampfe verleiht. Kriegerische Aktivitäten, so der hl. Tomas, können nur mit Weisheit und Kunst, gepaart von Klugheit und Rechtschaffenheit, gelingen.

Nach St. Tomas müssen drei Bedingungen für eine Gerechten Krieg erfüllt sein:

  1. Der Krieg muß von einer legitimen Autorität erklärt werden. Bei Paulus heißt es: „Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin dir zu gut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tut.“
  2. Der Kriegsgrund muß gerecht sein. Tomas zitiert den hl. Augustinus: „Ein gerechter Krieg kann beschrieben werden als ein Krieg, der Unrecht straft.“
  3. Der Krieg muß in guter Absicht geführt werden. „Es kann geschehen, daß ein Krieg von der legitimen Autorität aus gerechtem Grund erklärt wird, und doch ungerecht ist durch seine böse Absicht“. Entsprechend sagt Augustinus: „Die Lust, Leiden zuzufügen, der grausame Vergeltungsdurst, ein friedloser und schonungsloser Geist, das Fieber der Revolte, die Machtgier, all dies darf im Kriege nicht sein!“ [4]

Spätere Kirchenlehrer

Spätere Theologen wie Francisco de Vitoria oder Franzisko Suarez ergänzten die scholastische Theorie vom gerechten Krieg durch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Neben dem gerechten Grund, der legitimen Autorität und der richtigen Intention forderten diese Theologen, daß zwischen dem zu schützenden Gut und den Übeln, die notwendiger Weise mit dem Kriege einhergehen, namentlich den Opferzahlen, eine verantwortbare Beziehung bestehen müsse. Alle friedlichen Mittel müssen zudem erschöpft sein, bevor zum Kriege geschritten werden darf. Diese kirchlichen Lehrer führten allerdings aus, daß nur der Angreifer eine entsprechende Legitimation bedürfe, nicht jedoch derjenige, der sich verteidigt, da die eigene Verteidigung stets ausreichend legitimiert ist.

Päpstliche Lehre

Die oben dargelegte Lehre der Doktoren und Kirchenväter wurde vom Magisterium über Jahrhunderte vertreten und angewendet. Unter dem Titel „Gerechter Krieg im Dienste der Göttlichen Friedensordnung“ wurde die päpstliche Lehre vom gerechten Krieg folgender Maßen zusammengefaßt: „Ordnung und Friede können bei der Gewalt Zuflucht suchen. Doch ist die Gewalt in sich unfähig, den Frieden zu finden, da Friede die Frucht die Einheit von Recht und Liebe ist. Manche Rechtsbrecher können ohne den Gebrauch von Gewaltmitteln nicht mit den notwendigen Friedensbedingungen vertaut gemacht werden. Die Bedeutung eines bestimmten Gutes rechtfertigt den Einsatz von Gewalt gegen eine ungrechte Aggression. Der christliche Glaube gehört zu diesen verteidigenswerten Gütern. Deshalb darf der Glaube auch bewaffnet verteidigt werden.“ [5]

Diese Lehre wurde auch im Jahre 1947 von Pius XII. dargelegt:[6]

Recht und Ordnung bedürfen zu gewissen Zeiten eines schützenden Arms. Viele Gewalttäter können nur durch die Anwendung von Gewalt zur Räson gebracht werden. Doch muß diese Gewalt durch Recht und Ordnung begrenzt werden, sie darf nur zu deren Verteidigung eingesetzt werden.[7]

Niemand ist Recht durch sich selbst.

Die jüngeren Päpste haben das Prinzip der Verhältnismäßigkeit stärker betont. Es muß betont werden, daß die Doktoren und Lehrer der Kirche die fundamentalen Prinzipien christlichen Denkens vor Jahrhunderten entwickelten und daß diese bis zum heutigen Tage gültig sind.


Verweise


Einzelnachweise

  1. Lukas 3,14
  2. zit. nach St. Tomas: Summa Theologica II-II, q 40 a. 1
  3. Liber ad milites Temples: De laude novae militae
  4. contra Faust XXII, 74
  5. Moines de solemes: La paix internationales. Desclee, Paris 1956, Bd. 1, table logique, S. 20
  6. Allocution to the Military Committee of the American Congress. 8. 10.1947
  7. a.a.O. S. 458, n. 632