Mischehenstreit

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Hermesianismus

  • Gregor XVI. verbot die Lehre von Hermes 1835 mit dem Breve "Dum acerbissimas" und setzte dessen Werke auf den Index
  • Clemens August verbot den Theologiestudenten den Besuch entsprechender Vorlesungen an der Bonner Universität und legte den Lehrbetrieb der dortigen Theologischen Fakultät fast lahm.
  • Im Mai 1837 ließ er 18 antihermesianische Thesen drucken, auf die er den gesamten Klerus seiner Diözese verpflichtete

Die Mischehenfrage

  • Nach kanonischem Recht haben beide Teile konfessionsverschiedener Ehen vor der Trauung die katholische Taufe und die katholische Erziehung aller Kinder zu versprechen.
  • Nach 1815 versuchte der Borussenstaat der Kirche seine Regelungen aufzuzwingen. Die den Preußen ohnehin reserviert begegnende Bevölkerung empfand diese Bestimmung als bewussten Versuch der Protestantisierung. Episkopat und Kurie wagten keinen Widerstand und übten stillschweigende Duldung.
  • Ein päpstliches Breve von 1830 sah vor, die feierliche Einsegnung zu verweigern oder nur passive Assistenz zu praktizieren, wenn die Braut von dem Versprechen der katholischen Kindererziehung Abstand nahm. Geheimverhandlungen zwischen Christian Karl Josias von Bunsen, dem preußischen Gesandten in Rom, und Erzbischof Spiegel führten zur geheimen Berliner Konvention vom 19. Juni 1834, welche die preußischen Bestimmungen praktisch tolerierte. Dabei sagte die Regierung zu, im Gegenzug in absehbarer Zeit die Zivilehe abzuschaffen, was freilich nie ernsthaft zur Debatte stand. Der Kurie wurde der genaue Inhalt dieses Abkommens erst 1836 bekannt.
  • Spiegels Nachfolger, Erzbischof Clemens August Droste zu Vischering, erklärte nach anfänglicher Zurückhaltung 1837 unumwunden, in Zweifelsfällen am päpstlichen Breve und nicht an den Vereinbarungen mit Erzbischof Spiegel festhalten zu wollen.
  • Durch den Kultusminister Karl vom Stein zum Altenstein forderte die preußische Regierung daraufhin ultimativ von Droste, entweder einzulenken oder zu demissionieren. Der Oberhirte berief sich mit vollem Recht auf seine bischöflichen Pflichten.
  • Der BIschof wurde mit seinem Sekretär Eduard Michelis am 20. November 1837 festgenommen und in die Festung Minden gebracht. Dort wurde er übwer ein Jahr gefangen gehalten.

Rom verurteilte mit ungewöhnlich scharfen Formulierungen das Vorgehen der preußischen Regierung. Das Domkapitel stellte sich nicht hinter Droste, sondern erhob in einem Bericht an die Kurie schwere Vorwürfe gegen den Oberhirten wegen seines unkonzilianten Vorgehens in der Hermes- und Mischehenangelegenheit.

Mit dieser Haltung vertrat das Kapitel allerdings nur noch eine Minderheitenmeinung. In der deutschen katholischen Öffentlichkeit löste der Konflikt eine ungewöhnlich breite Reaktion aus. Im Münsterland kam es daraufhin zu tumultartigen Kundgebungen für den "Märtyrer von Minden".

Große Beachtung fand die von Joseph Görres im Januar 1838 veröffentlichte Streitschrift "Atanasius“, die sich auf die Seite des verhafteten Bischofs stellte und eine antipreußische Stimmungslage förderte. In mehr als 300 Veröffentlichungen wurde eine heftige Diskussion entfacht, die in Preußen nicht ohne negativen Einfluß auf das interkonfessionelle Verhältnis blieb.

Eine Delegation rheinischer und westfälischer Adeliger legte in einer Audienz beim König vergeblich Fürsprache für den verhafteten Bischof ein. Der 1840 auf den Thron gelangte Friedrich Wilhelm IV. gab ganz im Sinne seines Programms eines Bündnisses von Thron und Altar in der Mischehenfrage rasch nach, ließ aber die Rückkehr des Bischofs in sein Amt nicht zu. Zwar wurde Droste zu Vischering bereits 1839 aus der Haft entlassen und lebte seither auf dem Sitz seiner Familie im Münsterland, blieb aber bis zu seinem Tod 1845 im "Exil“.

Die Kölner Wirren gelten in der historischen Forschung als ein Faktor, der über die Stationen der Revolution von 1848/49 und den Kulturkampf in den 1870er Jahren zum Entstehen eines politischen Katholizismus beigetragen haben. Daß dieser im Rheinland und in Westfalen besonders tiefe Wurzeln schlagen konnte, hing nicht unerheblich mit den Kölner Wirren zusammen.

Verweise