Radowitz, Josef Maria von

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Josef Maria von Radowitz war preußischer Politiker.


Leben

Der Katholik Radowitz stammte aus der preußischen Provinz Sachsen. Er besuchte ab 1808 Militärschulen in Mainz, Karolingen, Straßburg, Paris und Kassel. In den Befreiungskriegen wechselte er die Seiten - kämpfte er zunächst noch auf napoleonischer Seite, gehörte er gegen Ende des Kriegs zu dessen Gegneren.

Nach einigen Jahren in hessischen Diensten wechselte er wiederum nach Preußen. Hier machte er schnell Karriere und war 1840 bei Regierungsantritt König Friedrich Wilhelms IV. dessen enger Freund und Berater.

1848

Radowitz war vom 20. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849 Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung für den westfälischen Wahlkreis Rüthen. Er war Mitglied der Fraktion "Café Milani".

Radowitz trat seit 1843 in mehreren Denkschriften an den König für eine gesamtdeutsche Politik Preußens ein, die den liberalen Forderungen nach deutscher Einheit unter preußischer Führung — etwa mittels einer entschiedenen Reform des Deutschen Bundes — entgegenkommen sollte. Die „Nationalität“ sei, heißt es in seiner berühmten Denkschrift an den preußischen König vom November 1847, als die "gewaltigste Kraft der Gegenwart" bisher nichts anderes als "die gefährlichste Waffe in den Händen der Feinde der rechtlichen Ordnung" gewesen.

Dagegen komme es darauf an, die positiven Aspekte dieses Nationalgefühls aufzunehmen und der eigenen Saehe nutzbar zu machen:

"Durch alle Gemüter zieht die Sehnsucht nach einem, an innerer Gemeinschaft wachsenden Deutschland, das nach außen mächtig und geehrt, nach innen erhaben und einträchtig sei; es ist dieses noch immer der populärste und gewaltigste Gedanke, der in unserm Volke lebt. Es ist daher auch der einzige, auf welchem noch eine feste Staats- und Lebensordnung zu errichten ist, das einzige Bett, in welches die verheerenden Strömungen der Parteienkämpie abgeleitet werden können."

Nicht zuletzt sei eine deutsche Einigung "die Lebensfrage für Preußen, die oberste Bedingung seiner eigenen Existenz".

Unionsprojekt

Später verhandelte er für den Preußischen König im Sinne von dessen Unionspolitik. Er wurde zum Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Union bestellt, daneben gehörte er dem Erfurter Unionsparlament auch als Abgeordneter an. Im Jahre 1850 war Radowitz für kurze Zeit preußischer Außenminister. Sein Gegenspieler war Bismarck. Dieser kommentierte den Abgang von Radowitz: "Ich bin vor Freude auf meinem Stuhl rund um den Tisch geritten!"

Bis zum Ende des Jahres näherte er sich dem von H. von Gagern vertretenen Konzept eines kleindeutsch-preußischen Erbkaisertums und eines engeren und weiteren Bundes (ohne bzw. mit Österreich) an, wenngleich er seine schweren Bedenken gegen eine vom Parlament ausgehende Kaiserkrone niemals aufgab.

Nach dem Scheitern der Nationalversammlung wurde R. seit Mitte 1849 zum Zentrum einer von Friedrich Wilhelm IV. betriebenen kleindeutschen Unionspolitik, die — an das alte Frankfurter Modell anknüpfend — eine kleindeutsche Union unter preußischer Führung anstrebte, allerdings nicht als ein von einem Parlament getragenes Staatswesen, sondern als einen Fürstenbund.

Diese Politik, von R. für kurze Zeit auch als preußischer Außenminister[1] vertreten, scheiterte auf ganzer Linie, da R. und sein König die Widerstände vor allem Rußlands und Österreichs gegen das Unionsprojekt unterschätzt hatten. Unter demütigenden Umständen mußte sich Preußen Ende 1850 zu einer Rückkehr zum Deutschen Bund des Vormärz entschließen, R. zog sich danach ins Privatleben zurück, wurde 1852 noch einmal als Generalinspekteur des militärischen Bildungswesens in Preußen reaktiviert, doch starb er kurz darauf an den Folgen einer längeren Krankheit.

Man hat R. später wegen seines Scheiterns ungerecht kritisiert; bekannt ist Bismarcks Bemerkung, R. sei nichts anderes als der "geschickte Garderobier der mittelalterlichen Fantasie des Königs" gewesen. Das ist in dieser Form nicht zutreffend, denn R. war ein intelligenter und weit vorausschauender konservativer Denker, der die zentralen Probleme seiner Gegenwart genauer wahrzunehmen imstande war als viele seiner konservativen Zeitgenossen.

Als Politiker allerdings versagte er gründlich, und "obwohl es ungerecht und unhistorisch wäre, R. mit Bismarck zu vergleichen, hatten viele ältere Historiker durchaus recht, als sie R. wegen seines fehlen- den Machtinstinkts und seiner Unfähigkeit zum taktischen und politisch wirkungsvollen Kalkül tadelten“.[2]

Schriften

  • Ikonographie der Heiligen, Berlin 1834
  • Gespräche aus der Gegenwart über Staat und Kirche, Stuttgart 1846
  • Die Devisen und Mottos des späten Mittelalters, Stuttgart 1850
  • Neue Gespräche aus der Gegenwart, Bdd. 1 - 2, Erfurt 185l
  • Gesammelte Schriften, Bde. 1 - 5, Berlin 1852-53
  • Ausgewählte Schriften. hrsg. v. W. Corvinus, Bde, 1 - 3, Regensburg 1911
  • Ausgewählte Schriften und Reden, hrsg, von F. Meinecke, München 192l

Verweise


Einzelnachweise

  1. 26. 9. 1850 bis 2. 11. 1850
  2. Barclay