Leo, Heinrich
- * 19. März 1799 in Rudolstadt
- † 24. April 1878 in Halle
Heinrich Leo war Historiker und preußischer Politiker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Mit 17 Jahren begann Leo 1816 ein Medizinstudium in Breslau und wurde 1816 beim Corps Teutonia I aktiv. Er wechselte im Sommer 1817 an die Universität Jena, um dort Philologie zu studieren. Mit der Urburschenschaft nahm er am 18. Oktober 1817 am Wartburgfest teil. Barhäuptig trug er die großdeutsche Trikolore von Jena bis Eisenach.
Nach der Ermordung des Schriftstellers August von Kotzebue am 23. März 1819 durch Karl Ludwig Sand wechselte Leo an die Universität Göttingen. In Göttingen begann Leo Geschichte zu studieren und konnte dieses Studium an der Universität Erlangen mit seiner Dissertation Über die Verfassung der lombardischen Städte 1820 erfolgreich beenden.
Als Privatdozent trat Leo nun als Gegner der demagogischen Umtriebe auf. 1822 ließ es sich in Berlin nieder und begann bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel Philosophie zu studieren. Mit dessen Theorien versuchte er geschichtliche Abläufe in einen metaphysischen Kontext zu stellen. Allerdings verwarf er später das Hegelsche System.
Um die Geschichte der italienischen Munizipien im Mittelalter an Ort und Stelle zu studieren, hielt sich Leo zwischen 1823 und 1824 in Italien auf; großzügig unterstützt von der Fürstin von Schwarzburg-Rudolstadt. Aus den Ergebnissen dieser Forschungen entstand dann Ende 1824 in Berlin seine Habilitations-Schrift "Die Entwickelung der Verfassung der lombardischen Städte".
Bereits kurze Zeit darauf erhielt Leo einen Ruf an die Universität von Dorpat, den er allerdings ablehnte. Bis 1827 blieb er der Berliner Universität als Geschichtsprofessor erhalten. In diesem Jahr legte Leo seine Ämter nieder und zog sich in seine Vaterstadt Rudolstadt zurück. Aber bereits im darauffolgenden Jahr folgte er einem Ruf an die Universität Halle und wurde dort 1830 zum ordentlichen Professor für Geschichte ernannt.
Neben seiner Lehrtätigkeit veröffentlichte Leo auch zahlreiche Aufsätze in verschiedenen Zeitungen; u. a. im Berliner politischen Wochenblatt, der Evangelischen Kirchenzeitung oder dem Halleschen Wochenblatt. Hier polemisierte Leo engagiert gegen den linken Zeitgeist.
In seinen weiteren Veröffentlichungen, wie z. B. "Vorlesungen über die Geschichte des deutschen Volks und Reichs" bezog er konsequent die Position des christlichen Staats. Leo wandte sich vehement gegen die "Emanzipationsbestrebungen" der deutschen Juden in den 1840er Jahren.
In den politischen Wirren der Märzrevolution in Preußen war Leo ebenso politisch aktiv wie auch danach in der Reaktionszeit. Nach 1850 wurde Leo in Preußen Mitarbeiter der Kreuzzeitung und übte dort bald schon einen nicht unbedeutenden Einfluß aus. In seinen Artikeln scheute er keinerlei Konflikte; er bekämpfte alle deutschen Einheitsbestrebungen und beteiligte sich auch an Verhandlungen der Lutheraner über eine Vereinigung mit der katholischen Kirche.
Mit Wirkung vom 20. November 1863 wurde Leo Mitglied des Preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit. Dort beteiligte er sich aber kaum noch an Debatten oder Diskussionen und zog sich bald schon resigniert von der politischen Bühne zurück; auch seine Pflichten und Ämter an der Universität legte er bald darauf nieder.
Zwei Jahre nach seinem Tod erschien ein erster Teil (bis 1822) seiner Autobiographie "Aus meiner Jugendzeit"; eine anschauliche Schilderung des damaligen deutschen Universitätslebens.
Rezeption
Neben seinen Forschungen in Geschichte und Rechtsgeschichte sind vor allem Leos Arbeiten der Literatur und Literaturgeschichte hervorzuheben; z. B. Altsächsische und angelsächsische Sprachproben oder Beowulf. Auch über die keltische Sprache hatte er wichtige Beiträge geliefert. Eine seiner letzten Veröffentlichungen war 1872/77 sein Angelsächsisches Glossar.
Werke
- Über die Verfassung der lombardischen Städte
- Die Entwickelung der Verfassung der lombardischen Städte. Hamburg 1824
- Vorlesungen über die Geschichte des jüdischen Staates. Berlin 1828
- Handbuch der Geschichte des Mittelalters. Halle 1830
- Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Halle 1832/35 (2 Bdd.)
- Geschichte der italienischen Staaten. Hamburg 1829/30 (5 Bdd.)
- Herr Dr. Diesterweg und die deutschen Universitäten. Leipzig 1836
- Über Burgenbau und Burgeneinrichtung in Deutschland vom 11ten bis zum 14ten Jahrhundert. In: Historisches Taschenbuch (Hrsg. Friedrich von Raumer), 8. Jg., Leipzig 1837, S. 165–245.
- Die Hegelingen. Halle 1839
- Sendschreiben an J. Görres. Halle 1838.
- Signatura temporis. Halle 1849
- Lehrbuch der Universalgeschichte. Halle 1849/56
- Leitfaden für den Unterricht in der Universalgeschichte. Halle 1838/40 (4 Bde.)
- Vorlesungen über die Geschichte des deutschen Volks und Reichs. Halle 1854/67 (5 Bdd.)
- Studien und Skizzen zu einer Naturgeschichte des Staats. Halle 1833
- Altsächsische und angelsächsische Sprachproben. Halle 1838
- Beowulf. Halle 1842/45 (2 Bdd.)
- Rectitudines singularum personarum. Halle 1842.
- Die Malbergische Glosse. Berlin 1842/45 (2 Bdd.)
- Ferienschriften. Halle 1847/52 (5 Bdd.)
- Angelsächsisches Glossar. Halle 1872/77 (2 Bdd.)
- Aus meiner Jugendzeit. Gotha 1880 (postum)