Friede von Utrecht
Der Friede von Utrecht umfaßt mehrere zum Ende des Spanischen Erbfolgekriegs 1713 in Utrecht geschlossene Friedensverträge.
Inhaltsverzeichnis
Verlauf
Die Verhandlungen führten im Sommer 1713 zum Abschluß von Friedensverträgen zwischen der Mehrheit der am Spanischen Erbfolgekrieg beteiligten Staaten. Kaiser Karl VI. erkannte die Einigung jedoch wegen weiter gehender Ansprüche zunächst nicht an. Nach einer kurzzeitigen Wiederaufnahme des Kriegs durch Frankreich mußte er 1714 aber die Vereinbarungen mit dem Friede von Rastatt und dem Friede von Baden für das Haus Österreich und das Deutsche Reich im Wesentlichen bestätigen. Das Reich und Portugal schlossen mit Spanien erst später Friedensverträge ab.
Vereinbarungen
Philipp V. von Anjou, Enkel von Ludwig XIV. le Grand, dessen Inthronisierung als spanischer König aus dem Haus Bourbon den Krieg ausgelöst hatte, da die Gefahr einer übermächtigen Verbindung von Frankreich und Spanien bestand, wurde nun anerkannt. Im Gegenzug verpflichteten sich Spanien und Frankreich, daß beide Länder niemals in einer bourbonischen Personalunion vereint würden.
König Philipp verzichtete für sich und seine Nachkommen auf jeden Anspruch an der Krone Frankreichs, Ludwig XIV. tat selbiges für die französischen Bourbonen gegenüber Spanien. Prekär an dieser Regelung blieb jedoch, daß das salische Erbrecht der französischen Könige kein vertragliches oder gesetzliches Ausschließen von der Thronfolge zuließ.
Der Weg zu dieser Regelung war dadurch frei geworden, daß Phillips Gegenkandidat Karl von Habsburg mittlerweile durch den überraschenden kinderlosen Tod seines Bruders selbst Herrscher der österreichischen Erbländer und deutscher Kaiser geworden war, so daß die übrigen europäischen Mächte Philipp nun als das deutlich kleinere Übel betrachteten. Außerdem erkannte Frankreich nun die Thronfolge in Großbritannien an.
Die Besitzungen Spaniens wurden zerteilt. Das Hauptland und die Kolonien blieben bei Philipp. Die so genannten Nebenlande gingen überwiegend an das Haus Österreich. Dies betraf die Spanischen Niederlande, das Königreich Neapel und das Königreich Sardinien sowie das Herzogtum Mailand. Das Königreich Sizilien ging an Savoyen.
Großbritannien erhielt Gibraltar und Menorka, außerdem das Monopol für den Sklavenhandel mit den spanischen Kolonien in Amerika (Asiento de negros). Die Vereinigten Niederlande konnten sich zur Sicherung gegen weitere französische Angriffe lediglich eine Reihe von Festungen in den spanischen Niederlanden sichern (Barrierefestungen). Sie erhielten außerdem Handelsrechte in den spanischen Kolonien. Schließlich kam das Oberquartier des Herzogtums Geldern, das loyal zu Spanien geblieben war und sich deshalb abgespalten hatte, zu Preußen.
Frankreich mußte in Nordamerika die Insel Neufundland, Neuschottland und Neubraunschweig an Großbritannien abtreten, letzteres blieb jedoch unter französischer Verwaltung, und das besetzte Gebiet um die Hudson Bucht an die Briten zurückgeben. Darüber hinaus erhielt Frankreich sogar noch die kleine Grafschaft Barcelonnette von Savoyen und das Fürstentum Orange vom Haus Oranien-Nassau. Daß Frankreich nur diese relativ geringen Zugeständnisse machen mußte, verdankte es nicht nur dem Regierungswechsel in Großbritannien, sondern auch seinem Standhalten in den letzten Kriegsjahren und seiner geschickten Diplomatie während der Friedensverhandlungen.
Ergebnis
Der kontinuierliche Abstieg Spaniens, der mit der Loslösung der Niederlande und der Vernichtung der Großen Armada begann, zunächst von der Position der beherrschenden Seemacht, dann mit dem Pyrenäenfrieden auch aus der Riege der europäischen Großmächte, erreichte mit diesem weiteren Verlustfrieden seinen vorläufigen Tiefpunkt und Abschluss.
Frankreichs aggressive Expansion wurde gestoppt, den Hegemoniebestrebungen Ludwigs XIV. in Europa wurde ein Ende gesetzt, der französische König konnte dennoch mit den Bestimmungen zufrieden sein. Die spanische Krone verblieb in bourbonischem Besitz, womit die Gefahr einer habsburgischen Umklammerung Frankreichs endgültig beseitigt war.
Das Haus Österreich vergrößerte seinen Besitz, der aber weit verteilt blieb. Dennoch war das Habsburger Reich nach den Friedensverträgen von Rijswijk und Utrecht zur Großmacht im europäischen Ensemble aufgestiegen.
Am stärksten profitierte Großbritannien vom Frieden von Utrecht. Es hatte erstmals den neuen Gedanken des Gleichgewichts ins Spiel gebracht und es gewann strategisch wichtige Flottenstützpunkte im Mittelmeer. Seine Position als Großmacht zur See konnte es damit ausbauen. Die Vergrößerungen seiner Besitzungen in Nordamerika legten die Grundlage für Britisch-Nordamerika. Dies bildete die Basis für den späteren Erfolg im Frieden von Paris. Für die Siegesfeierlichkeiten in London komponierte Georg Friedrich Händel sein Utrechter Te Deum.
Der Frieden von Utrecht wird allgemein als der erste Ansatzpunkt für das spätere Mächtegleichgewicht gesehen, in dessen Folge sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts und dem Anfang des 19. Jahrhunderts allmählich eine Pentarchie entwickeln sollte.
Verweise