Drittes Rom
Ideologie des "Dritten Rom"
Der Ausdruck "Moskau, Drittes Rom" wird im 16. Jahrhundert in den Briefen des Filofei, Starez des Pleskauer Eleazar-Klosters, an den Großfürsten Wassili III., an den Kirchenschreiber Misjur Munechin und an Iwan den Schrecklichen geprägt. Seitdem wurde diese Wendung als vorgebliche Staatstheorie immer wieder aufgegriffen, um den Machtanspruch Rußlands im 20. Jh. zu untermauern.
Das Erste Rom ist die Stadt Rom als Zentrum des Römischen Reichs. Der Untergang Roms wird mit der Annahme des römisch-katholischen Glaubens gleichgesetzt, als Rom Mittelpunkt der römisch-katholischen Kirche wurde. Als Zweites bzw. Neues Rom wird Konstantinopel betrachtet. Das Ende des Zweiten Roms erfolgte 1428, als die Stadt die Florentiner Kirchenunion mit der katholischen Kirche einging.
Endzeitvision
Ursprünglich war das Konzept vom "Dritten Rom" weniger imperial als vielmehr apokalyptisch zu verstehen. Das Fürstentum Moskau war nach dieser Idee der letzte kleine Rest „in der Wildnis“ von der einstmals großen christlichen Zivilisation, nachdem überall sonst die Häresie Einzug gehalten hatte. Sowohl der Katholizismus als auch der Islam wurden von vielen Orthodoxen als häretische Seitenzweige des jüdisch-christlichen Stammes gesehen. Moskau wurde verglichen mit jenen siebentausend Israeliten, die sich nach dem Bericht im biblischen 1. Buch der Könige zur Zeit des Propheten Elija geweigert hatten, den Baal anzubeten. Erst mit der Zeit wandelte sich diese Vorstellung zu einer Großreichsidee.
Der Großfürst von Kijew Wladimir I. heiratete 989 Anna, die Schwester des byzantinischen Kaisers Basileios II., und trat zum griechisch-orthodoxen Glauben über. Mit ihm wurden auch seine russischen Untertanen christianisiert. Seit dem Fall Konstantinopels 1453 durch das Osmanische Reich betrachtet die russisch-orthodoxe Kirche Moskau als das Dritte Rom, d.h. als Zentrum des orthodoxen Christentums. Die Heirat des Großfürsten Iwan III. mit Sofia Palaiologa, der Nichte des letzten byzantinischen Kaisers, Konstantin XI. Palaiologos (1448–1453), unterstrich die Stellung Moskaus.